Im Auftrag der kommunalen Spitzenverbände
06.02.2024

Rechtsgutachten zur Ganztagsbetreuung

Verankerung der Aufgabe der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter im SGB VIII sorgt für verfassungsrechtliche Probleme

Die Städte engagieren sich bereits seit Jahren aktiv beim Ausbau der Ganztagsbetreuung. Als Schulträger tragen sie die Verantwortung für die bauliche Realisierung von Ausstattungsstandards und verfügen über umfängliche Expertise. Die Verhandlungen mit dem Land über die Umsetzung des Rechtsanspruchs laufen eher schleppend, dies gilt insbesondere für die Zuständigkeits- und Finanzierungsfragen. Ein Referentenentwurf, welcher die rechtlichen Grundlagen für die Ausgestaltung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz schaffen soll, liegt den kommunalen Spitzenverbänden in NRW bisher nicht vor.

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW hat vor diesem Hintergrund ein Rechtsgutachten bei Prof. Dr. Hellermann, Bielefeld, in Auftrag gegeben. Gegenstand des Rechtsgutachtens sind die rechtlichen Fragestellungen, die sich in Zusammenhang mit der im Ganztagsförderungsgesetz des Bundes aus Oktober 2021 erfolgten Verankerung eines Anspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter stellen.

Das Gutachten untersucht zum einen die Frage, ob die vom Bundesgesetzgeber getroffene Regelung der Ganztagsbetreuung in ihrer Ausführung schwerpunktmäßig der Jugendhilfe oder dem Bildungsbereich zuzuordnen ist. Außerdem beschäftigt es sich mit der Frage der Aufgabenübertragung.

Das Gutachten kommt in seinem Ergebnis zu folgenden wesentlichen Feststellungen: Es wird bezweifelt, dass der Bund die Zuständigkeit für den Rechtsanspruch habe, denn dieser sei eher dem Bildungsbereich und damit der Länderkompetenz zuzuordnen. Eine eindeutige Abgrenzung zwischen Jugendhilfe- und Grundschulaufgaben sei nicht zu erkennen.

Auch auf der Landesebene fehlt eine entsprechende Neuregelung und es ist somit nicht mit der rechtsstaatlich erforderlichen Bestimmtheit festgelegt, ob die Aufgabe von den örtlichen Jugendhilfe- oder Grundschulträgern ausgeführt werden soll.

Somit gibt es auf Landesebene berechtigte Zweifel, ob diese Aufgabe bereits wirksam auf die Kommunen übertragen wurde. Das Land vergibt allerdings seine Förderung für den Ganztag ausschließlich an die Grundschulträger und gibt somit zu erkennen, dass es sie als Verantwortliche ansehe.

Eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Aufgabenübertragung auf Kommunen erfordere deshalb zwingend eine neue landesrechtliche Ausführungsgesetzgebung, welche die jeweiligen Aufgaben den Grundschulträgern und eventuell ergänzend den Jugendhilfeträgern zuordnet. Damit wären Kosten- und Mehrbelastungsausgleichsregelungen zugunsten der Kommunen zu verbinden, die den Anforderungen des Konnexitätsprinzips genügen.

Das Gutachten wurde der NRW-Landesregierung vorgelegt.