Bildungskongress "Zukunft sichern! Bildungsaufbruch jetzt!"
16.11.2023

Digitalisierung, Ganztagsausbau und Reform der Schulfinanzierung nötig

Pressemitteilung zum Bildungskongress des Städtetages NRW mit "Gelsenkirchener Erklärung"

Gute Bildung setzt die Weichen für erfolgreiche Lebenswege junger Menschen und zahlt auf die Zukunft unseres Landes ein. Die Städte fordern das Land NRW auf, elementare Vorhaben im Bildungsbereich gemeinsam mit den Städten konsequent voranzutreiben und sie in ihrem Engagement für gute Bildung stärker zu unterstützen. Unter dem Motto: "Zukunft sichern! Bildungsaufbruch jetzt!" diskutierten in Gelsenkirchen rund 170 Bildungsexpertinnen und -experten aus ganz NRW zusammen mit Entscheidungsträgern aus Kommunen und Landespolitik beim Bildungskongress des Städtetages NRW. Prominenter Gast ist Dorothee Feller, Ministerin für Schule und Bildung in NRW. Zentrale Erwartungen an die Landesregierung enthält die "Gelsenkirchener Erklärung".

Thomas Kufen, Vorsitzender des Städtetages NRW und Oberbürgermeister der Stadt Essen, machte deutlich: "Vor Ort an den Schulen und bei den Schulträgern engagieren sich Tag für Tag Menschen dafür, Bildung besser zu machen mit innovativen Ideen und Kreativität. Und dennoch:

Jede neue Bildungsstudie zeigt, dass wir enormen Nachholbedarf haben – bei Bildungsgerechtigkeit, Wissens- und Lernkompetenzen oder Digitalisierung. Schon deshalb müssen wir viel mehr und zielgerichteter in Schulen investieren.

Die von der Landesregierung angekündigte Reform der Schulfinanzierung steckt noch in den Kinderschuhen. Wir stehen vor drängenden Herausforderungen, wie der Ganztagsförderung und der Integration zugewanderter Kinder, für die wir mehr Fachkräfte und geeignete Schulräume benötigen. Auch die Inklusion und Schulsozialarbeit sind inzwischen Daueraufgaben, die die bisherige Schulfinanzierung nur unzureichend regelt.

Die Zeit drängt. Wir brauchen bis zum Ende der Legislaturperiode greifbare Ergebnisse, die die Schulfinanzierung nachhaltig verbessern."

Die Städte stehen bereit und wollen als Schulträger konstruktiv mitwirken. Auch Lerninhalte gehörten auf den Prüfstand. Digitale Medienkompetenz und politische Bildung, beispielsweise Bildung gegen Antisemitismus und Rassismus werden immer wichtiger. Das zeigt sich angesichts der Reaktionen in unseren Städten auf den Krieg zwischen der Hamas und Israel deutlich.

Schule 2.0: Digitalisierung als Daueraufgabe

Der DigitalPakt Schule läuft 2024 aus und ein Nachfolge-Programm des Bundes kommt frühestens 2025. "Bei der Digitalisierung hängen viele Schulen in der Luft. Es gibt mehr Fragezeichen als Antworten. Das Land und auch der Bund müssen dafür sorgen, dass unsere Schulen nicht zu digitalen Investitionsruinen werden. Mit den Mitteln aus dem Digitalpakt konnten die Schulen für schnelles WLAN sorgen und digitale Endgeräte wie Tablets oder digitale Tafeln anschaffen. Aber es fehlen die Fachleute und Administratoren, die sich um die Geräte kümmern.

Die Digitalisierung ist mit der einmaligen Anschaffung nicht erledigt, sondern muss weiterlaufen. Infrastruktur und Geräte müssen gewartet und regelmäßig ausgetauscht werden. Eine Investitionslücke nach 2024 wäre fatal. Hier muss das Land Farbe bekennen.

Außerdem brauchen wir ein gemeinsames Zielbild von Land und Kommunen: 'Wie soll die digitale Schule 2030 aussehen?' Wir brauchen eine Roadmap, die den Städten Planungssicherheit gibt", forderte Kufen.

Mehr Klarheit und Tempo beim Ausbau der Ganztagsbetreuung

Die Städte fordern das Land außerdem auf, den Rechtsanspruch auf den schulischen Ganztag im Schulgesetz zu verankern und vollständig zu finanzieren. Karin Welge, Oberbürgermeisterin der Stadt Gelsenkirchen, sagte:

"Wir sind sehr gerne Gastgeber des Bildungskongresses, vor allem aber tragen wir die Gelsenkirchener Erklärung aus voller Überzeugung mit. Für den Rechtsanspruch heisst das:

Das Land muss endlich im Schulgesetz verankern, welche konkreten Rahmenbedingungen für die Ganztagsbetreuung in NRW gelten werden und dann auch die Finanzierung übernehmen. Wir brauchen Planungssicherheit.

Der Rechtsanspruch greift ab Sommer 2026 und es wird immer schwieriger bis dahin ausreichend Kapazitäten zu erweitern und Plätze auszubauen. Wertvolle Zeit verstreicht. Das darf so nicht weitergehen. Deshalb müssen wir uns jetzt auf das Machbare fokussieren und brauchen mehr Spielräume vor Ort."

Welge plädierte für ein ehrliches Erwartungsmanagement zum Rechtsanspruch. Denn neben dem erheblichen Fachkräftemangel erhöhen auch die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst den Druck. Freie Träger im Offenen Ganztag klopfen jeden Tag bei den Kommunen an die Tür und fordern einen Ausgleich. Auch das Land sei hier gefragt, denn die Kommunen können diese zusätzlichen Kosten nicht allein stemmen. Im schlimmsten Fall drohe sogar, dass Stellen von Freien Trägern im OGS-Bereich oder der Schulsozialarbeit gestrichen werden müssten.

Außerdem müsse das Land Schulen, die dies wollen, einen gebundenen Ganztag ermöglichen. "Wenn Eltern und Schulträger es wollen, soll das Land es ermöglichen, Ganztagsschulen als Lernorte mit Unterricht und aufgelockerten Förderangeboten über den Tag verteilt neu aufzustellen. Modelle mit rhythmisiertem Ganztag müssen möglich sein. Eine feste Aufteilung 'Unterricht vormittags, Ganztag nachmittags' ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen dazu mit dem Land gemeinsame Eckpunkte vereinbaren, in die unsere Erfahrungen einfließen", so Welge.

Die kommunalen Spitzenverbände haben zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ein Positionspapier herausgegeben.

Bildungserfolg darf nicht von Herkunft abhängen

"Die Zukunftschancen unserer Kinder dürfen nicht davon abhängen, an welchem Ort sie leben und wo sie aufwachsen. Wir wollen keine Bildung nach Kassenlage." Welge forderte:

"Bildungserfolg muss in jedem Stadtquartier möglich sein, sonst ist der Zusammenhalt in unseren Städten gefährdet. Deshalb muss das Land Schulen auch nach ihrem sozialen Umfeld gezielt fördern. Dafür brauchen wir einen schulscharfen aussagekräftigen Sozialindex."

Das Startchancen-Programm des Bundes weist in die richtige Richtung. Die Städte sollten bei der Auswahl der Schulen einbezogen werden, denn sie wissen, wo besondere Unterstützung notwendig ist.

Zur Pressemitteilung der Stadt Gelsenkirchen zur Gelsenkirchener Erklärung