Vorstand
06.04.2022

Auswirkungen des Krieges auf die Energiemärkte

Beschluss des Vorstandes des Städtetages Nordrhein-Westfalen
  1. Der Vorstand würdigt die Bemühungen der Bundesregierung, die Energieversorgung in Deutschland und Europa auf eine neue Grundlage zu stellen, um schnellstmöglich unabhängig von russischen Energielieferungen zu werden. Er begrüßt, dass das Land NRW seine Energieversorgungsstrategie kurzfristig anpassen will.
     
  2. Die Entscheidung der Bundesregierung ist richtig, die Frühwarnstufe auszurufen. Es ist nötig, ein stärkeres Krisenbewusstsein in der Wirtschaft und auch in der Bevölkerung zu schaffen. Der Notfallplan muss Kriterien und Kategorien für eine rechtssichere Priorisierung bei der Versorgung festlegen. Sollte es zu einem Lieferstopp kommen, sollte automatisch die Notfallstufe folgen. Für diesen Fall sollte auch auf Landesebene ein Krisenstab eingerichtet werden, um den Informationsfluss sicherzustellen und strategische und operative Notfallmaßnahmen vorzubereiten. Die Städte und ihre Unternehmen müssen eng eingebunden sein.
     
  3. Der steigende Druck an den Energiemärkten bringt auch die Stadtwerke durch steigende Beschaffungs- und Vorsorgekosten zunehmend unter Druck. Für den Fall von Liquiditätsengpässen ist eine finanzielle Absicherung durch den Bund unabdingbar.
     
  4. Der Vorstand unterstreicht die Bedeutung der erneuerbaren Energien. Die Ausbauziele im Land und im Bund müssen erhöht und die Verfahren beschleunigt werden. Die geplante rechtliche Klarstellung im EEG, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liege und der öffentlichen Sicherheit diene, schafft Rechtssicherheit und erleichtert Abwägungsentscheidungen. Dies muss schnell seinen Niederschlag in den landesrechtlichen Regelungen finden. Daneben muss die Energieeffizienz deutlich gesteigert werden. Unmittelbare Einsparpotentiale, wie beispielsweise durch ein Tempolimit, sollten jetzt geprüft werden. Auch im Gebäudebereich muss der Energieverbrauch reduziert werden. Die Absichten der Bundesregierung werden begrüßt, die Fördersätze für energetische Sanierungen weiterzuentwickeln. Das Land muss seine Mittel seinerseits entsprechend aufstocken. Es bedarf zudem einer Strategie für die Rolle von Erdgas und Wasserstoff in den Wärmenetzen und einer großangelegten gemeinsamen Offensive von Industrie, Handwerk und Versorgern.
     
  5. Die beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung für eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft von den hohen Energiepreisen sind in der außergewöhnlichen Situation nachvollziehbar. Der Vorstand warnt davor, in der Debatte um die Energiepreise die notwendige ökologische Lenkungswirkung und soziale Dimension aus dem Blick zu verlieren. Breite und weniger zielgenaue Entlastungswirkungen wie die Energiepreispauschale, die Senkung der Kraftstoffsteuer oder ein pauschales Kindergeld dürfen nur temporär gelten.
     
  6. Nachhaltige Verhaltens- und Nutzungsänderungen können nur über einen erhöhten Energiepreis erreicht werden. Soziale Härten müssen jedoch abgefedert werden. Die Runden Tische gegen Energiearmut sowie die Beratungsangebote nehmen hier eine wichtige Rolle ein. Für Transferleistungsempfängerinnen und -empfänger ist eine rasche Anpassung der Regelsätze geboten. Das geplante Klimageld als pro Kopf Entlastung sollte zu einem verbrauchslenkenden Energiegeld ausgestaltet werden.
     
  7. Die Städte begrüßen die Zielsetzung, den ÖPNV für die Menschen attraktiv zu machen. Bund und Länder sind aufgefordert, die Umsetzungsfragen des beschlossenen 9-Euro-Monatstickets rasch zu klären. Das Land steht in der Verantwortung, hierbei die Belange der Kommunen und Verkehrsunternehmen wahrzunehmen und auf eine ausreichende Liquidität der Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen für dieses Projekt hinzuwirken. Die Rahmen-bedingungen sind so zu setzen, dass ein dauerhafter Nutzen aus dem Ticket entsteht.
     
  8. Die temporäre Entlastung bei den Spritpreisen ist aufgrund ihrer ökologischen Fehlanreize und zu breiten Streuung weder sachgerecht noch verhältnismäßig. Die Pendlerpauschale sollte mittelfristig in ein zielgenaues Mobilitätsgeld umgewandelt werden.