Städtetag NRW zum Koalitionsvertrag
24.06.2022

Städte in NRW stehen als Partner des Landes bereit

Eine erste Bewertung des Koalitionsvertrages des Landes NRW

Die Städte in Nordrhein-Westfalen stehen als Partner des Landes bereit, um NRW zukunftsfähig zu gestalten und die notwendigen Transformationen mit Tatkraft anzugehen. Der Städtetag Nordrhein-Westfalen begrüßt, dass sich die künftigen Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag zu einer Partnerschaft mit den Kommunen bekennen.

Dazu erklären der Vorsitzende des Städtetages Nordrhein-Westfalen, Oberbürgermeister Thomas Kufen aus Essen, und der stellvertretende Vorsitzende, Oberbürgermeister Thomas Eiskirch aus Bochum, in einer ersten Reaktion:

Energiewende muss Tempo aufnehmen

"Es ist absolut richtig, Flächenziele für Windenergie verbindlich festzulegen und starre Abstandsvorgaben abzuschaffen. Wir unterstützen auch, Artenschutzanforderungen im Genehmigungsverfahren wie auf Bundesebene standardisieren zu wollen. Das macht die Verfahren schneller und spart kostbare Zeit." Ein guter Schritt ist, die Beteiligung der Kommunen und Bürgerinnen und Bürger an den Überschüssen der Windkraftanlagen verbindlich zu regeln.

Klimaschutz und Klimaanpassung brauchen Investitionen

Die Koalition sieht die enormen kommunalen Investitionsbedarfe beim Klimaschutz und der Klimaanpassung. Das ist eine richtige Erkenntnis. "Es ist erfreulich, dass das Land die Kommunen hier künftig verbindlich unterstützen will. Die vorgesehenen 300 Millionen Euro pro Jahr werden allerdings bei Weitem nicht ausreichen, um das in jeder Hinsicht wichtige Ziel zu erreichen, NRW zur klimaneutralen Industrieregion zu machen", so Kufen und Eiskirch.

Kommunale Wärmewende

Die verpflichtende Einführung einer kommunalen Wärmeplanung muss Gestaltungsfreiheit bieten und darf bestehende kommunale Planungen und Konzepte nicht konterkarieren. "Alle Planung ist wertlos, wenn die Mittel für die Umsetzung der Wärmewende fehlen. Deshalb muss das Land ausreichende Mittel für eine erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende mittels kommunaler Wärmeplanung bereitstellen", sagten Kufen und Eiskirch.

Verkehrswende muss weitergehen

Die Städte unterstützen das Ziel, den öffentlichen Nahverkehr noch attraktiver zu machen und die Verkehrsträger besser zu verknüpfen. "Mehr Menschen müssen dauerhaft vom Auto umsteigen. Dafür müssen wir in emissionsfreie Busse und Bahnen und in die Digitalisierung investieren. Das wird aber nicht gelingen, wenn das Land nur Bundesmittel durchleitet. Die neue Landesregierung muss in erheblichem Umfang selber investiv tätig werden", so Kufen und Eiskirch.

Schule, Ganztag und Kitas stärken

Es ist gut, dass die neue Landesregierung den Schulkompromiss fortführen und die Schulfinanzierung anpacken will. "Wir brauchen mehr Investitionen im Bildungsbereich und starke Schulen vor Ort. Weitere Investitionen in die Digitalisierung sind dringend nötig und überfällig. Auch das Bekenntnis zu inklusivem Unterricht ist richtig. Ausdrücklich begrüßen wir die Ankündigung, den rhythmisierten Ganztag für Grundschulen schulgesetzlich abzusichern und damit einen gebundenen Ganztag zu ermöglichen. Dafür haben wir uns als Städtetag NRW eingesetzt. Natürlich erwarten wir, zu diesen Themen eng beteiligt zu werden durch das Land", sagten Kufen und Eiskirch.

Gute Fachkräfte für die Bildung unserer Kinder zu gewinnen, bleibt eine riesige Herausforderung, sowohl für Schulen als auch für Kitas. "Es ist richtig, dass die Koalitionspartner das Thema erkennen und mit 10 000 neuen Lehrer-Stellen der Personalnot entgegensteuern möchten. Der Bedarf wächst und gute Fachkräfte zu finden wird immer schwieriger", so Kufen und Eiskirch. Hier erwarten die Städte gerade durch die Einführung des Rechtsanspruches für Grundschulkinder weitere Engpässe. Bei der Kindertagesbetreuung sollte das Land seinen Anteil erhöhen und die Trägeranteile für Kindergärten abschaffen.

Mehr Schutz im Öffentlichen Dienst und für Kommunalpolitik

Menschen, die für unser Gemeinwohl arbeiten, brauchen besonderen Schutz. "Hass und Hetze müssen kompromisslos verfolgt werden. Es ist gut, dass die Landesregierung die strafrechtliche Verfolgung stärken will. Wir erwarten aber auch mehr präventiven Schutz. Dafür sollte das Land den rechtlichen Rahmen schaffen, um verwaltungsinterne Auskunfts- und Meldesysteme für bereits auffällig gewordene Personen einzuführen", so Kufen und Eiskirch.

Digitalisierung: Cybersicherheit weiter ausbauen

Bei der Digitalisierung der Verwaltung verlagern sich immer mehr Verfahren ins Internet. Das erhöht das Risiko für Cyberangriffe. Viele Risiken lassen sich mithilfe von organisatorischen und technischen Maßnahmen verringern. Die Städte müssen deshalb noch enger an das Sicherheits- und Notfallnetzwerk des Landes (CERT) angebunden werden. Eine Förderung von Informationssicherheits-Managementsystemen für die Städte wäre ein wichtiger Meilenstein.

Endlich eine Lösung für das Altschuldenproblem

"Ob mit oder ohne Beteiligung des Bundes: Das Land wird den Städten bei ihren Altschulden unter die Arme greifen. Das ist überfällig. Jetzt müssen Konzepte auf den Tisch und wir erwarten konkrete Gesprächsangebote, bevor sich das Zeitfenster für eine günstige Lösung schließt. Nur frei von den Altschulden können wir uns in den Städten den wichtigen Zukunftsaufgaben zuwenden", machten Kufen und Eiskirch deutlich.

Förderprogramme überprüfen

"Die Koalitionspartner wollen die Förderprogramme für Kommunen überprüfen und organisatorisch verbessern. Das ist dringend notwendig und richtig. Wir drängen seit langem auf eine verlässliche, dauerhafte Finanzierung mit weniger Bürokratie und mehr Praxistauglichkeit. Gute Vorschläge liegen bereits auf dem Tisch und können schnell umgesetzt werden", machten Kufen und Eiskirch deutlich.