Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme
20.10.2022

"Bund und Land müssen sofort Maßnahmen ergreifen"

Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages Nordrhein-Westfalen, zur Bertelsmann-Studie "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" 2022

"Das neue 'Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme' der Bertelsmann Stiftung zeigt: Der Ausbau der Kinderbetreuung darf nicht an Fahrt verlieren – der Bedarf an Betreuungsplätzen ist groß und steigt weiter an. Und er betrifft nicht nur die Betreuung von Kita-Kindern, sondern auch die Betreuung an Grundschulen.

Bund und Land müssen sofort Maßnahmen ergreifen, die bis zum Sommer 2023 tatsächlich wirken.

Sonst erleben wir nicht den so dringend nötigen Ausbau der Kinderbetreuung, sondern einen Rückgang der Betreuungsplätze. Auch die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung ist dann kaum noch möglich.

Die Städte haben in den vergangenen Jahren viel Kraft in bessere Kinderbetreuung und die Ausbildung von pädagogischen Fachkräften gesteckt. Es fehlt aber immer noch eine wirkungsvolle Fachkräfte-Initiative von Bund und Land. Es ist höchste Zeit, dass hier endlich mehr passiert. Wir brauchen dringend mehr Plätze in den Fachschulen.

Das Land Nordrhein-Westfalen muss die Ausbildungskapazitäten massiv ausbauen. Schon jetzt können manche Kitas freie Betreuungsplätze nicht anbieten, weil das Personal fehlt.

Ohne diese neuen Fachkräfte können die Qualitätsanforderungen und der steigende Betreuungsbedarf nicht erfüllt werden. Und nur mit mehr Personal werden auch die Arbeitsbedingungen für alle Erzieherinnen und Erzieher und attraktiver. Auch die anhaltende Zuwanderung, nicht nur aus Ukraine, stellt die Jugendämter vor erhebliche Herausforderungen.

Das Familienministerium NRW hat Ende September 2022 den Auftakt zu einer Fachkräfte-Initiative in den Sozial- und Erziehungsberufen gestartet. Diese Initiative muss jetzt zügig zu konkreten Schritten führen, damit der weitere Ausbau der Kinderbetreuung nicht gefährdet wird.

Wir brauchen nicht nur mehr Personal für die Kinderbetreuung, sondern auch zusätzliche Räume und neue Einrichtungen. Der Druck ist groß, denn der Bauwirtschaft fehlen Fachkräfte und Material und die Preise explodieren. Das erschwert den Ausbau der Kinderbetreuung zusätzlich.

Eine qualitativ hochwertige Erziehung, Bildung und Betreuung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Kommunen können das nicht allein schultern. Die Finanzierung der Kinderbetreuung muss mit Bund und Ländern neu verhandelt werden.

Im Jahr 2020 sind fast 8 Milliarden Euro in die Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen geflossen. Und die Ausgaben steigen stetig, jedes Jahr um rund 10 Prozent. Wir sehen aber, dass das nicht reicht. Der Bund und das Land müssen hier dauerhaft mehr beitragen."