Corona-Krise
27.04.2020

Weitere Öffnung von Schulen klug vorbereiten – Verbände weisen Kritik des Landes zurück

Kommunale Spitzenverbände loben Engagement der Schulträger

Die Städte, Kreise und Gemeinden appellieren an die Landesregierung, bei der weiteren Öffnung von Schulen behutsam vorzugehen und das Praxiswissen in den Kommunen endlich mit einzubeziehen. Die Wiederaufnahme des Betriebs in der Vorwoche sei dank des großen Engagements in den Schulen und Kommunen trotz unzureichender Vorgaben und sehr später Übermittlung von Informationen durch das Land erfolgreich verlaufen.

"Die Schulen für mehr Kinder zu öffnen, ist eine weitaus größere Herausforderung", machten der Vorsitzende des Städtetages NRW, Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (Stadt Hamm), und die Präsidenten des Landkreistages NRW und des Städte- und Gemeindebundes NRW, Landrat Thomas Hendele (Kreis Mettmann) und Bürgermeister Roland Schäfer (Stadt Bergkamen) am Montag deutlich. Dazu brauche es klare und verlässliche Rahmenbedingungen. "Das Land muss den Trägern und den Schulen rechtzeitig sagen, worauf sie sich im Einzelnen vorbereiten müssen. Den Schulbetrieb unter völlig neuen Voraussetzungen zu organisieren, braucht genügend Vorlaufzeit", so die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände. "Wegen der neuen Abstandsregeln passt in die Räume nur noch ein Bruchteil der Kinder. Bis heute wissen wir nicht, wie eine zeitliche Staffelung des Unterrichts aussehen soll. Dabei erfordert ein solcher Systemwechsel eine komplett neue Einteilung von Unterrichtszeit, Räumen und Personal", erläuterten Hunsteger-Petermann, Hendele und Schäfer.

Schuldzuweisungen, die Kommunen hätten sich nicht rechtzeitig auf die Öffnung der Schulen vorbereitet, seien bei der Bewältigung der Corona-Pandemie nicht hilfreich und belasten das Vertrauensverhältnis der Kommunen zur Landesregierung. Die öffentliche Kritik des Ministerpräsidenten und der Schulministerin entbehre zudem jeglicher sachlicher Grundlage. "Die allermeisten Schulen konnten dank des großen Engagements in den Schulen und Kommunen einen problemlosen Schulstart ermöglichen, obwohl die Zeit zur Vorbereitung zu knapp war", machten die Spitzen der Kommunalverbände deutlich. Der Staatssekretär im Schulministerium Mathias Richter selbst hat in einer am Freitag an alle Schulen versandten E-Mail mitgeteilt, dass der Start weitgehend reibungslos stattgefunden hat, und sich bei den Verantwortlichen auf Seiten der Schulträger bedankt.

Schon acht Tage vor der Wiederaufnahme des Betriebs am 23. April habe man dem Land einen ausführlichen Fragenkatalog vorgelegt mit der dringenden Bitte, die wichtigsten Unklarheiten zu beseitigen. Das Land sei dieser Bitte leider nur verzögert und auch nur in Teilen nachgekommen, so die kommunalen Spitzenverbände.

"Bedauerlicherweise sind bis heute immer noch viele Dinge im Unklaren. Bisher gehen wir bei den Plänen für die weitere Öffnung von kleineren Gruppen aus, die am besten noch zeitlich gestaffelt zur Schule kommen und in die Pause gehen sollen. Welche Jahrgangsstufen sollen im nächsten Schritt eingeplant werden? Sollen sich die Klassen auf verschiedene Tage aufteilen oder auch nachmittags unterrichtet werden? All das ist nicht geklärt, hat aber natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Organisation", betonen Hunsteger-Petermann, Hendele und Schäfer. "Das fängt an bei der Aufteilung des Lehrpersonals, geht weiter mit der Versorgung in den Mensen und reicht bis zum Transport der Schülerinnen und Schüler. Fest steht: Der Aufwand ist jetzt um ein Vielfaches größer, obwohl weniger Personal zur Verfügung steht."

Im Bereich der Hygieneanforderungen habe es zwar vier Tage vor Schulöffnung Hinweise des Landes gegeben, doch hätten diese vielfach zusätzliche Fragen aufgeworfen. Unter anderem sei verlangt worden, den Zugang zu Desinfektionsmitteln vor dem Eintritt in den Unterrichtsraum zu ermöglichen, obwohl in der Praxis das Händewaschen mit Seife vollkommen ausreiche und eine flächendeckende Ausstattung mit Desinfektionsspendern in nur drei Tagen nicht ansatzweise umsetzbar gewesen sei. Zudem sei eine Maskenpflicht installiert worden, für den Fall, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden könne. "Weder lagen den Schulträgern Informationen dazu vor, welcher Maskentyp für die Schulen ausreichend sei, noch wer überhaupt die Ausstattung mit Masken sicherstellen soll", erklärten Hunsteger-Petermann, Hendele und Schäfer.

"Bis heute ist zudem die Frage offen, was passieren soll, wenn ein Schüler oder ein Lehrer positiv getestet wird. Das wird passieren, selbst bei strengsten Hygienestandards. Ob nur der betroffene Schüler oder Lehrer in Quarantäne geht, die ganze Klasse oder die gesamte Schule wieder heruntergefahren werden soll, ist keine Frage, die situativ vor Ort entschieden werden sollte. Ein Flickenteppich an Regelungen für den Umgang mit dem Coronavirus wird nicht dazu beitragen, das Vertrauen in den Staat zu stärken", so Hunsteger-Petermann, Hendele und Schäfer.