Landesmodell mit differenzierten Hebesätzen ist gescheitert – Städte fordern Ausgleich für mögliche Steuerausfälle
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat geurteilt: Das Modell der Landesregierung mit höheren Hebesätzen für Nichtwohngrundstücke verstößt gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Dazu erklärt der Vorsitzende des Städtetages NRW, Oberbürgermeister Marc Herter aus Hamm:
"Die Urteile des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen bestätigen die Kritik, die wir von vornherein an differenzierten Hebesätzen für Wohn- und Geschäftsgrundstücke hatten. Das Landesmodell der differenzierten Hebesätze ist gescheitert. Den Städten, die Mieter und Hauseigentümer gemäß der gesetzlichen Landesregelung entlastet haben, stehen nun bei einer der wichtigsten kommunalen Steuern im schlimmsten Fall massive nachträgliche Steuerausfälle ins Haus. Mietern und Hauseigentümern drohen für die Zukunft deutlich höhere Grundsteuerzahlungen.
Der Städtetag hatte das Land vor der gesetzlichen Einführung von differenzierten Hebesätzen für Wohn- und Geschäftsgrundstücke eindringlich vor diesem mit deutlichen Risiken verbundenen Modell gewarnt.
Trotzdem blieb den Städten, die etwas gegen die stärkere Belastung von Wohngrundstücken durch die Grundsteuerreform tun wollten, nur das Landesmodell. Sie mussten und sie durften auf die landesgesetzliche Regelung vertrauen.
Für die Städte, die der nun vor Gericht gekippten landesgesetzlichen Regelung vertraut haben, erwarten wir, dass das Land die dortigen Steuerausfälle ausgleicht.
Wir bleiben dabei: Die ungerechtfertigte Mehrbelastung für Mieter und Hauseigentürmer, die durch die Lastenverschiebung von Geschäftsgrundstücken hin zu Wohngrundstücken bei der Grundsteuerreform auftritt, muss ausgeglichen werden.
Die Landesregierung ist nun erneut aufgefordert, kurzfristig einen rechtssicheren Weg für eine gerechte Lösung zu erarbeiten.
Hierfür gibt es einen gleichermaßen einfachen wie rechtssicheren Weg: Das Land hätte längst problemlos dafür sorgen können, dass Wohngrundstücke durch die Grundsteuerreform nicht übermäßig belastet werden, indem es schlicht und einfach landesweit die Messzahlen anpasst. Das fordern wir seit über drei Jahren. Sachsen, das Saarland und Berlin haben es so gemacht. Und auch NRW sollte es zumindest für die Zukunft baldmöglichst umsetzen." Herter weiter:
"Der Städtetag erwartet, dass das Land kurzfristig mit den Kommunen in Gespräche über die entstandene Situation und die erforderlichen Regelungen eintritt."
Hintergrund
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Städte und Gemeinden. Die Städte brauchen die Grundsteuer, um Kinderbetreuung, Schulen, den öffentlichen Nahverkehr, Kultur oder Vereine zu finanzieren. Sie ist entscheidend, damit das Zusammenleben in unseren Städten funktioniert. In NRW geht es um jährlich rund 4 Milliarden Euro.
Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Grundsteuerreform, die seit 2025 zum Tragen kommt, belastet in NRW die Wohngrundstücke deutlich stärker als Geschäftsgrundstücke. Davor haben die Städte in NRW bereits früh gewarnt. Um diese stärkere Belastung von Wohngrundstücke zu vermeiden, hätte das Land landesweit die Steuermesszahlen anpassen können. Dieses Modell haben die Länder Sachsen, Saarland und Berlin erfolgreich umgesetzt. Das Land NRW hat stattdessen den Städten die Möglichkeit gegeben, die Hebesätze der Grundsteuer für Wohn- und Geschäftsgrundstücke zu differenzieren. Statt einer landesweiten Lösung müsste dafür jede der 396 Städte und Gemeinden in NRW einzeln darüber entscheiden und rechtssicher begründen können, welche differenzierten Hebesätze sie anwendet, um Wohngrundstücke zu entlasten. Das ist kompliziert und birgt große Rechtsunsicherheiten – wie das Urteil des VG Gelsenkirchen nun zeigt.